Ein historischer Ort der Gemeinschaft – Das Puschkin lebt!

Der als sog. Reformrealgymnasium in Betrieb genommene Schulbau entstand 1926 nach Entwurf des Architekten Dr.-Ing. Eduard Jobst Siedler aus Berlin. Das Gebäude wurde bis 2006 genutzt und 1995 wegen seiner geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung in die brandenburgische Denkmalliste, Landkreis Oberhavel, eingetragen.

In der „Gutachterlichen Äußerung zum Denkmalwert“ des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 13.09.1994 heißt es, dass dem ehemaligen Alexander S. Puschkin Gymnasium eine besondere ortsgeschichtliche Bedeutung zukomme, weil es „zum einen anschaulich den raschen Aufschwung der Stadt Hennigsdorf zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zum anderen den bestimmenden Einfluss der AEG auf die Stadtentwicklung“ belege. Die architekturgeschichtliche Bedeutung werde bezeugt durch die „überzeugende Grundrisslösung“ und die „Gestaltung des Schulgebäudes in einer reduzierten sachlichen Formensprache der Zeit, die hauptsächlich den Anforderungen an ein Schulgebäude genügen will“. Schließlich komme dem Bauwerk eine städtebauliche Bedeutung zu, die „durch seine straßenraumprägende Wirkung, die durch die Gestaltung des an sich schon durch seine Kubatur dominanten Baukörpers in einer strengen Symmetrie mit dem die Mitte betonenden Stufengiebel erreicht wird“.

Demnach prägt das Alexander S. Puschkin Gymnasium nicht nur das Stadtbild von Hennigdorf seit fast 100 Jahren – viele BürgerInnen der Stadt haben eine sehr enge Beziehung zu dem Gebäude. Als ehemalige Schule war das Gymnasium in seiner Bedeutung stets ein zentraler Ort des Gemeinwesens. Diese Tradition wird in der neuen Nutzung als interdisziplinäres GründerInnen- und Gewerbezentrum erhalten.

Entstehungsgeschichte des Gebäudes

Chronologische Übersicht von 1922 – 1928

  • 1922 | Im März gründet Carl Krecke, Direktor der AEG Lokomotivfabrik, mit ortsansässigen Eltern einen privaten Unterrichtszirkel.
  • 1923 | Am 14. Dezember stellt die AEG an die Regierung Potsdam einen Antrag zur Errichtung einer privaten höheren Realschule mit richtigen Klassen.
  • 1924 | Die Klassen erhalten den Status einer selbstständigen höheren Privatschule.
  • 1925 | Das Kuratorium der Privatschule regt – auch aufgrund steigender Schülerzahlen – den Bau eines eigenen Schulgebäudes an, das „allen neuzeitlichen Anforderungen“ gerecht werden soll.
  • 1925 | Der Sachverständige, Magistratsoberbaurat Straßmann aus Berlin, empfiehlt am 15. Juli den Gebäudeentwurf von Dr.-Ing. Eduard Jobst Siedler zur Ausführung, der dann auch beschlossen und realisiert wird.
  • 1926 | Am 10. August findet die feierliche Einweihung des Reformrealgymnasiums statt. Erster Leiter der als „Vollanstalt für Knaben und Mädchen“ bezeichneten Schule wird Studiendirektor Johannes Schöler. Die Trägerschaft der neuen Schule übernimmt die Gemeinde Hennigsdorf.
  • 1928 | Das Dachgeschoss wird ausgebaut: Auf der Südseite entsteht der Musiksaal bzw. die Aula, auf der Nordseite ein Sitzungssaal für die Gemeindevertretung.
schwarz/weiß Bild von Hennigsdorf mit Straßenbahn
Altes schwarz/weiß Bild vom Alexander S. Puschkin Gymnasium

Der Schulbetrieb

  • 1930 | Mittlerweile gehen 194 SchülerInnen zur Schule. Die Anzahl der Lehrkräfte ist seit 1926 von 8 auf 13 gestiegen.
  • 1936 | Von 1936 bis 1938 ist der SS-Angehhörige Dr. Hüttlinger Schulleiter, der die Hitlerjugend-Pflicht für alle Kinder der Schule einführt und die Schule im Sinne der NS-Diktatur formt.
  • 1937 | Zum 1. April wird das Reformrealgymnasium in eine „Oberschule für Jungen“ umgewandelt. Da keine andere Mädchen-Oberschule existiert, wird sie weiterhin bis zur Hälfte von Mädchen besucht.
  • 1943 | Oberstudienrat Schoening wird offizieller Schulleiter und setzt den Unterricht im Krieg fort. Die Klassen werden mit teilweise doppelt so vielen Schülern besetzt, da zusätzlich Schüler aus Berlin und der Umgebung aufgenommen werden.
  • 1945 | Am 23. und 24. April schießen deutsche Tiefflieger, bei dem Versuch, sowjetische Truppen zu bekämpfen, einige auf dem Schulhof abgestellte Tankwagen in Brand. Das Feuer greift auf die Schule über – das Gebäude brennt zu mehr als der Hälfte aus.
  • 1945 | Der Schulbetrieb wird am 22. Mai teilweise wieder aufgenommen.
  • 1947| Der Wiederaufbau der Oberschule wird im Notbauprogramm eingegliedert. Bis 1948 erfolgen Wiederherstellung Ausbau der Schule.
  • 1949 | Die Schule wird zur Grund- und Oberschule mit allen 12 Stufen umgewandelt.
  • 1950 | Der Dachstuhl und die Dacheindeckung werden im Herbst 1950 fertiggestellt. Beim Ausbau des Dachgeschosses zum Festsaal, wird großer Wert auf eine „künstlerische Ausgestaltung“ gelegt. Der Festsaal wird zukünftig auch für die Gemeindevertretung und Gerichtsverhandlungen genutzt.
  • 1950 | Am 24. Oktober erhält die Schule den Namen „Puschkin-Schule“.
  • 1954 | Umsiedlung der Grundschule in die neu gebaute Heinrich-Heine-Schule. Die Oberschule wird mit der Oberschule Velten zusammengelegt, was zu einem sprunghaften Anstieg der Schülerzahlen führt.
  • 1960 | Von 1960 bis 1967 finden Umbauten statt: Der Festsaal wird als Turnhalle genutzt, zudem werden naturwissenschaftliche Fachkabinette eingebaut.
  • 1990 | Die Puschkin-Schule wird mit der Heinrich-Heine-Oberschule zum „Alexander S. Puschkin Gymnasium“ zusammengelegt.
  • 1995 | Am 2. Mai wird das Alexander S. Puschkin Gymnasium in das Denkmalverzeichnis des Kreises Oberhavel eingetragen.
  • 2006 | Schließung des Gebäudes. Seitdem steht das Gebäude leer.